Manchmal frag sich euer Mottinger echt, ob die Spieleindustrie heimlich einen Wettbewerb laufen hat: „Wer bringt die absurdeste Premium Edition auf den Markt?“ Und jedes Jahr setzt jemand dann doch noch einen drauf. Heuer ist’s Bethesda mit Doom: The Dark Ages. Gratulation, Burschen, ihr habt’s geschafft. Ihr habts mir 30 Euro mehr aus der Tasche zu ziehen probiert für, haltet euch gant fest: drei Skins, ein digitales Artbook, einen Soundtrack und zwei Tage früher spielen. Spoiler Alert: Ich bin nicht dabei. Und das Beste: Das sogenannte Premium-Zuckerl startet mitten unter der Woche um Mitternacht. Premium wie aus dem Bilderbuch, nicht oder?
Also, fangen wir von vorn an. Ja, Doom: The Dark Ages schaut verdammt fett aus. Alles, was man bisher sieht, hört und wenn man zu den Glücklichen gehört, schon zocken durfte, schreit: „Pflichtkauf!“ Ein brutaler Egoshooter, wie man ihn sich wünscht. Grad für die älteren Semester unter uns, die schon das erste DOOM auf ihren PCs gezockt haben. IT Software liefert da wieder ab, technisch wie spielerisch, alles top. Aber: Genau die Leute, die seit Jahrzehnten Doom lieben, werden diesmal elegant übergangen.
Denn was bitte soll diese Premium Edition sein? Für 110 Euro erwarte ich mehr als nur einen 48-Stunden-Vorsprung und einen Haufen digitalen Kleinkrams. Der Story-DLC? Ja, irgendwann soll er kommen. Wann? Weiß keiner. Worum geht’s? Keine Ahnung. Vielleicht fällt denen noch was ein, wenn sie sich mal wieder vom Geldzählen erholen.
Dann die Skins. Ich mein, Skins? Echt jetzt? Wenn ich kosmetische Upgrades will, spiel ich Valorant oder Fortnite, aber sicher nicht Doom. Echt jetzt, bei aller Liebe. Das ist so, als würd man einem Metal-Konzert ein Goodie-Bag mit Glitzer-Aufklebern beilegen. Es passt einfach nicht.
Und das Advanced Access. C’mon. Mitten in der Woche, mitten in der Nacht. Wer denkt sich sowas aus? Als wär das Spiel nur für Twitch-Streamer und arbeitslose Vampir-Fans gedacht. Die echten Fans, die mit Job, Familie und wenig Freizeit, schauen hier wieder mal durch die Finger. Und genau die hätten vielleicht sogar ein echtes Premiumangebot angenommen. Aber statt einem verlängerten Wochenende zum Reinbeißen gibt’s zwei Nachtschichten mit Augenringen und schlechtem Kaffee.
Der größte Hohn: Das versprochene Passtracing, ein grafisches Highlight für PC-Spieler, ist beim Early Access nicht einmal drin. Ernsthaft, das war eines der am lautesten beworbenen Features. Und wer ist die Zielgruppe für so High-End-Kram? Genau, PC-Gamer mit fetter Hardware. Die gleichen Leute, denen man die Premium Edition verkaufen will.
Aber wenn man dann das Spiel für teuer Geld vorab lädt, fehlt genau das. Nicht irgendwann später per Patch, sondern direkt zum Start. Und wann sagt man das offiziell? In einem unscheinbaren FAQ-Update, kurz nach Mitternacht. Das hat fast was von Guerilla-Marketing, nur halt in fies.
Ich hör schon die Argumente: „Ja, aber man kann’s doch selbst entscheiden, ob man 30 Euro für 48 Stunden zahlt.“ Klar kann man. Aber ich darf auch sagen, dass es ein saudummes Angebot ist. Und ja, Gameplay ist wichtiger als Grafik. Aber wenn ich Premium kaufe, will ich Premium kriegen, nicht ein halbfertiges Spiel mit kosmetischem Ramsch.
Bei manchen hat der Zugang zum Early Access auch gar nicht funktioniert. Man stelle sich vor, man zahlt extra, wartet wie ein kleiner Bub auf Weihnachten und kriegt dann nur eine Fehlermeldung. Weihnachten fällt aus, weil Bethesda kein Passtracing hat.
Ich weiß, ich kling jetzt wie ein grantelnder Boomer. Aber ich hab mir Doom auf Diskette reingezogen. Ich hab Doom 3 auf ’nem Röhrenmonitor gespielt. Ich hab mich durch Doom Eternal geprügelt wie ein Berserker auf Red Bull. Und ich hab erwartet, dass ein neues Doom mir das Hirn wegbrennt, vor Staunen, nicht vor Frust. Ich weiss, hohe Erwartungshaltung vom Mottinger. Aber das kann man schon verlangen, oder?
Weißt, was mich dann tröstet? Der Gamestar-Journalist sieht das genauso. Der hat den Nagel auf den Kopf getroffen: Das Spiel ist top, das Drumherum ist ein Griff ins Klo. So ehrlich muss man sein. Wenn das die Zukunft von Premium sein soll, dann wünsch ich mir eine Vergangenheit zurück, in der Spiele noch komplett verkauft wurden. Ohne Gold-, Deluxe-, Mega-, Omega-Edition. Einfach ein Spiel. Fertig.
Aber gut, ich hab beschlossen, ich spiel’s trotzdem. Am 15. Mai. Ganz normal. Ohne Premium-Zirkus, ohne Mitternachtsstart. Vielleicht im Gamepass, ganz entspannt. Und wisst ihr was? Ich freu mich drauf. Aber ich freu mich auf das Spiel. Nicht auf die Geschäftspraktiken.
Tipp zum Abschluss: Wenn ihr noch 30 Euro auf der Seite habt, investiert lieber in was Sinnvolles. Kauft euch System Shock Remake, Black Mesa, Bulletstorm, Duke Nukem oder Mafia 1 in der Definitive Edition. Das ist Gaming-Nostalgie, die sich wirklich lohnt. Und vielleicht sogar ein bisschen ehrlicher ist als ein Season Pass ohne Season.